Gemeinde | Gottlieben | ||
Ortsgemeinde 1970 | Gottlieben | ||
Siedlung | Gottlieben | ||
Flurnamengebiet | Schloss | ||
Namenbuch | Vorderdorf, Loostampfi, Schloss | ||
Strasse | Am Schlosspark 6 | ||
Assek-Nr. | 26/0-0001 | ||
Parzelle | 73 |
Schutzziele | Eigenwert: Zu erhalten und zu pflegen ist die Substanz des Gebäudes, das im Äusseren von herausragender und im Inneren von überragender kulturhistorischer Bedeutung ist. Substanziell zu erhalten sind im Äusseren die für den Gesamtbau charakteristischen Konstruktions- und Gestaltungselemente. Substanziell zu erhalten sind im Inneren die historischen Oberflächen und Ausstattungselemente in ihrer Materialität und Formensprache. Denkmalgerechte Anpassungen sind möglich. Schutzumfang: Die Detaillierung des Schutzumfangs ist anhand eines konkreten Bau- oder Veräusserungsvorhabens mit dem Amt für Denkmalpflege sowie der Gemeinde zu definieren. Situationswert/Umgebung: Zu erhalten und zu pflegen ist die ortsbauliche Situation mit ihrer charakteristischen Umgebung, in welcher das wertvolle Objekt wirkt und wahrgenommen wird. |
Nutzungsplanung | Dorfzone 2, Gefahrenzone, Zone archaeologischer Funde, Ortsbildschutzzone, Gestaltungsplanpflicht, Gestaltungsplan, ÖREB-Kulturobjekt | ||
Ortsbildinventar nach ISOS | Baugruppe 0.7 (A-Baugruppe), Baugruppe 0.1 (A-Baugruppe), Einzelelement 0.7.1 (Schützenswertes Einzelelement), Einzelelement 0.1.1 (Schützenswertes Einzelelement) |
Koord. Ost | 2727492 | Koord. Nord | 1280643 |
Heutige Nutzung | Schloss Ökonomiegebäude | ||
Ursp. Nutzung | |||
Gebäudename | Schloss Gottlieben | ||
Schutzstatus | Schutz rechtskräftig | ||
Aktuelle Einstufung | besonders wertvoll, Ordentliche Revision | 2006 | |
Link zu den Einstufungskategorien | |||
Erstes Inventar | 1983 |
Instanz | Verzeichnis | Eintrag | Datum |
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Bund | Kulturgüterinventar KGS | A-Objekt | 27.11.2009 |
Gemeinde | Gestaltungsplan | 08.07.1986 | |
Bund | Schutzliste Bundesamt für Kultur (BAK) | Dienstbarkeit | 25.07.1969 |
Bedeutende Schlossanlage mit Seefront aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und zwei landseitigen Ecktürmen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Hervorragende Lage am Seerhein, am nördlichen Dorfrand. Ehemalige Wasserburg, von einem Wehrgang umzogen, 1251 erbaut durch den Konstanzer Bischof Eberhard II. von Waldburg zur Sicherung seines Brückenkopfes, der die Stadt Konstanz konkurrenzieren sollte. Neben dieser militärischen Funktion kam der eindrücklichen Doppelturmanlage bald auch einige politische Bedeutung zu. Als Zeugen dieses ersten Baus sind die beiden massigen Türme mit Zeltdachabschluss erhalten geblieben; es sind über 33 Meter hohe Türme aus Sandsteinblöcken und Eckquadern, mit Mauerstärken bis zu 3 Metern. Die restlichen Teile der ersten Anlage wurden 1355 von Konrad von Homburg weitgehend zerstört. Die Burg wurde in der Folge wieder aufgebaut, wobei wohl Bischof Friedrich III., Graf von Zollern 1434-1436 für den Ostflügel eine entscheidende Rolle spielte. Der Nordflügel stammt aus den Jahren 1475-1491 und geht auf die Initiative des Bischofs Otto IV. von Sonnenberg zurück. Bis zur einschneidenden Veränderung 1837 unter Prinz Louis Napoléon Bonaparte war das Schloss eine massige, quadratische, von einem Wehrgang umzogene Burganlage (siehe Stich von Winkler, Titelblatt Hinweisinventar 1983). In der Geschichte des 15. Jahrhunderts taucht die Burg auffallend oft als bischöfliches Gefängnis für unliebsame Kleriker auf (Konzil zu Konstanz 1414-1418). Prominenteste Insassen im Holzkerker des Westturms waren von Ende März bis Anfang Juni 1415 der böhmische Reformator Jan Hus, der im Juli westlich vor Konstanz als Ketzer verbrannt wurde; ab dem 3. Juni 1415 für einige Tage der abgesetzte Papst Johannes XXIII.; 1415/16 Hieronymus von Prag, ein Gefolgsmann von Hus, der ebenfalls auf dem Scheiterhaufen endete; 1454 der streitbare Zürcher Chorherr Felix Hemmerli (wegen Anprangerung von kirchlichen Missständen). Im Westturm befindet sich das doppelte Blockgefängnis in der Form eines grossen Holzkäfigs (Abb. siehe Bächer S. 40), im Ostturm die 1829 abgebrochene und 1849 neu geweihte Schlosskapelle. 1798 Auflösung des bischöflichen Obervogteisitzes Gottlieben und anschliessende Säkularisation. Noch vor 1808 geht das Schloss an Johann Conrad Hippenmeyer, einen Kaufmann in Wien, den späteren Mitbegründer und ersten Direktor der österreichischen Nationalbank (1818). Das Gottlieber Schloss stellte er wie die Landgüter Hertler und Unterkastel, die ihm ebenfalls gehörten, seinen Verwandten zur Verfügung. 1832 starb Hippenmeyer. Seine Erben verkauften das Schloss am 8. Oktober 1836 an Jérôme Bonaparte, den ehemaligen König von Westfalen und jüngsten Bruder Napoléon Bonapartes. Jérôme erwarb das Schloss im Hinblick auf die geplante Heirat seiner Tochter Mathilde mit Prinz Louis Napoléon, dem Sohn von Hortense de Beauharnais, Stieftocher Napoléons und Ex-Königin von Holland. Hortense wohnte mit Louis Napoléon, dem späteren Kaiser Napoleon III. von Frankreich, auf dem nur wenige Kilometer von Gottlieben entfernten Schloss Arenenberg. Unter Prinz Louis Napoléon wurden der Wassergraben aufgefüllt und die ehemals massige Burg in einen neugotisch anmutenden Palazzo umgestaltet. Die Pläne verfasste vermutlich 'der Architekturmaler Roberto Roberti (1786-1837) aus Bassano del Grappa, der nachgewiesenermassen auch als 'Roberto Fernando di Roberti' auftrat und der vor allem für seine Veduten der Stadt Venedig berühmt war - eine Tatsache, die bestens ins Bild passt, erinnert die neue Seerheinfassade von Schloss Gottlieben doch stark an einen venezianischen Palazzo!' (Kunstdenkmäler). Mit diesem Umbau wandelte sich das Erscheinungsbild des Schlosses erheblich, denn die grossvolumige, ganz aus Eichenholz gefertigte, gotische Dachkonstruktion war abgetragen und nach Konstanz verkauft worden. Der Ostflügel trägt seither ein Flachdach, der Nordflügel ein niedriges Walmdach; beide Dächer sind von markanten Zinnenkränzen umgeben. Die Fassaden des Ost- und des Nordtraktes wurden im historisierenden Stil mit neugotischen Akzenten komplett neu gestaltet. Drei Fenster der Seerheinfront erhielten Masswerke des 14. Jahrhunderts aus dem abgebrochenen Kreuzgang des Konstanzer Münsters. Die Seerheinfront ist axialsymmetrisch gegliedert, die Mittelachse betont durch eine Loggia mit Balkon und durch ein gesimsübergreifendes, neugotische Masswerkfenster. Die beiden Türme blieben vom Umbau unberührt. Das Gebäude, das zuvor trutzig-düster gewirkt hatte, zeigt nun ein augenfällig romantisches, südländisches Gepräge. Schloss Gottlieben war denn auch ein äusserst beliebtes Künstler-Sujet und auf zahlreichen Veduten des 19. Jahrhunderts dargestellt (siehe Müller). 1842 musste Louis Napoléon Schloss Gottlieben aus Geldnot verkaufen. Es wurde von Graf Joseph von Beroldingen in Stuttgart erworben, der weitere Umbauten anordnet und wohl auch den Schlosspark südlich des Schlosses anlegen liess. 1884 ging das Schloss an Baron Max von Fabrice über, in dessen Eigentum es bis 1926 blieb. 1926 wurde Dr. Wilhelm Muelhon neuer Besitzer. Ab 1932 ist die Schloss Gottlieben AG als Besitzerin registriert; seit 1950 sind die Sängerin Lisa Della Casa und ihr Ehemann Dragan Debeljevic Inhaber dieser Aktiengesellschaft. Mit Hilfe des Amtes für Denkmalpflege liessen sie 1968/69 die einsturzgefährdeten obersten Turmgeschosse und die Dachstöcke sanieren. Bei dieser Gelegenheit wurden die neueren Zwerchgiebelchen der Lukarnen durch Schleppgauben ersetzt, wie sie wahrscheinlich ursprünglich bestanden hatten. Von der Ausstattung verdienen zwei bunt bemalte Kachelöfen des 18. Jahrhunderts besondere Erwähnung: Ofen a) im nordöstlichen Eckzimmer (um 1732), mit Seelandschaften. Turmofen b) im nordwestlichen Saal des 1. Stocks, mit Signatur 'Hs Caspar Haussman haffner jn Steckboren 1787' - 'Düringer fe. 1787', mit Seelandschaften, bukolischen Bildern und Jagdszenen. - Detaillierte Geschichte und Baugeschichte siehe Kunstdenkmäler und Schmitt. Dokumentation: Brandkataster Staatsarchiv TG.- Gottlieben. Hinweisinventar alter Bauten und Ortsbilder im Kanton Thurgau. Hg. Amt für Denkmalpflege. Frauenfeld 1983. - Rahn, Die mittelalterlichen Architektur- und Kunstdenkmäler des Cantons Thurgau. Frauenfeld 1899. S. 167-177. - Knoepfli, Albert. Vier Bilder zur Kunstgeschichte des Bodensee-Gebietes. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seine Umgebung. Heft 99/100 1981/82. S. 443-444. - Müller, Ernst (Hg.). Der Thurgau in alten Ansichten. Frauenfeld 1992. Nr. 378-413. - Früh, Margrit. Steckborner Kachelöfen des 18. Jahrhunderts. Frauenfeld 2005. Ofenkatalog Nr. 20 Abb. S. 291; Ofenkatalog Nr. 163 Abb. S. 436. - Schmitt, Günter. Schlösser und Burgen am Bodensee. Band III Süd. Biberach 2002. S. 248-262. - Bächer, Esther. Gottlieben. Informationen zur Geschichte. Kreuzlingen 2001. S. 96, 201ff. - Amt für Denkmalpflege, Budget-Berichte 1969. - Engelsing, Tobias/Reene, Anne-Katrin: Schlösser am See. Burgen und Landsitze am westlichen Bodensee. Konstanz 2012, S. 54-57. - Engelsing, Tobias/Bleibler, Jürgen. Die Zeppelins. Lebensgeschichten einer Adelsfamilie. Hg. Rosgartenmuseum Konstanz. Konstanz 2013, S. 13 u. 52. - Keller, Stefan/Stark, Barbara/Meile, Felicitas. Eine Landschaft erzählt. Bilder vom Bodensee aus der Sammlung Hans E. Rutishauser. Hg. Reinhart, Heinz. Sulgen 2013, S. 8, 15, 20-21, 46, 90, 114. - Abegg, Regine/Erni, Peter/Raimann, Alfons. Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau. Band 8: Rund um Kreuzlingen. Bern 2014, S. 187-199. |
Brandkataster nicht erhoben